Verwitterung, Erosion und Elementkreislauf entlang einer "Erodosequenz"
Der größte Teil der terrestrischen Erde ist abschüssig und unterliegt daher einem Massenverlust durch Erosion und Verwitterung. Im (oder nahe am) dynamischen Gleichgewicht ist die Summe aus Erosion und Verwitterung ein Indikator für die Geschwindigkeit, mit der frisches Gestein, zum Beispiel durch tektonische Hebung, für Prozesse an der Erdoberfläche verfügbar gemacht wird. Wir interessieren uns für die Wechselwirkungen und Rückkopplungen zwischen Verwitterung und Erosion, die Auswirkungen auf die Funktionsweise des langfristigen Kohlenstoffkreislaufs haben. Je länger Gestein und Regolith mit Regenwasser interagieren können, desto größer ist der Grad der Verwitterung und desto geringer ist die Reaktivität (das heißt desto geringer ist die Reaktion auf eine Klimaänderung), wenn alle anderen Faktoren gleich bleiben. Die Reaktivität des Regoliths wird in langsam erodierenden Landschaften mit tiefgründigen Verwitterungszonen, in denen alle verfügbaren Mineralien aufgebraucht sind, als gering eingeschätzt. Umgekehrt wird sie in schnell erodierenden Landschaften mit flachen Verwitterungszonen und kurzer Verweildauer des Regoliths, in denen die Primärmineralien reichlich vorhanden sind, als hoch eingeschätzt.

Wir konzentrieren uns auf eine Reihe von gut charakterisierten Geländestandorten in den Schweizer Zentralalpen, der südlichen Sierra Nevada in Kalifornien und im Hochland von Sri Lanka. Diese sind auf ähnlichen granitischen Lithologien ausgebildet und bilden zusammen eine „Erodosequenz“ - Standorte, die einen Gradienten der Erosionsraten definieren, analog zu einer „Chronosequenz“ (unterschidlich alte Oberflächen) oder einer „Klimosequenz“ (Oberflächen mit unterschiedlichem Klima). Wir kombinieren unser Fachwissen im Bereich der kosmogenen Nuklide und der Metall-(Isotopen)-Geochemie, um quantitative Daten über die absoluten und relativen Umsätze von Elementen in der erodierenden Kritischen Zone zu erhalten, und um Hypothesen über den Einfluss der Erosion auf die Verwitterung und den Elementkreislauf zu testen.
Die Rate, mit der frisches Gestein der Verwitterung und Erosion ausgesetzt wird, setzt auch eine Obergrenze für die Geschwindigkeit, mit der wichtige mineralische Nährstoffe wie Phosphor, Kalium, Magnesium oder Zink einem Ökosystem zugeführt werden können. Wir sind daher auch daran interessiert, welche Strategien Ökosysteme anwenden, um diese essenziellen Nährstoffe zu gewinnen und zu speichern – und ob sich diese Strategien entlang der Erodosequenz unterscheiden.
Abbildung: Hier ist eine “Chronosequenz” zu sehen. Hier entwickeln sich Verwitterungszone und Boden mit dem Alter nach einer Freilegung von unverwittertem Gestein (durch einen Gletscherrückzug oder einen frisch erstarrten Lavastrom z.B.). Unten sehen wir eine “Erodosequenz”. In dieser gibt es kein eigentliches Bodenalter, sondern eine “Verweilzeit”, die mit zunehmender Erosionsrate abnimmt. Die geochemischen Flüsse nehmen sowohl mit Alter (Chronosequenz) als auch Verweilzeit (Erodosequenz) ab, während die Nährstoffzyklierung durch Pflanzen zunimmt.
- von Blanckenburg, F., Schuessler, J. A., Bouchez, J., Frings, P., Uhlig, D., Oelze, M., Frick, D. A., Hewawasam, T., Dixon, J., Norton, K. (2021): Rock weathering and nutrient cycling along an erodosequence. - American Journal of Science, 321, 1111-1163, doi.org/10.2475/08.2021.01
- Frings, P., Schubring, F., Oelze, M., von Blanckenburg, F. (2021): Quantifying biotic and abiotic Si fluxes in the Critical Zone with Ge/Si ratios along a gradient of erosion rates. - American Journal of Science, 321, 8, 1204-1245, doi.org/10.2475/08.2021.03
- Frings, P., Oelze, M., Schubring, F., Frick, D. A., von Blanckenburg, F. (2021): Interpreting silicon isotopes in the Critical Zone. - American Journal of Science, 321, 8, 1164-1203, doi.org/10.2475/08.2021.02
- Bouchez, J., von Blanckenburg, F. (2021): The role of vegetation in setting strontium stable isotope ratios in the Critical Zone. - American Journal of Science, 321, 8, 1246-1283, doi.org/10.2475/08.2021.04
- Maher, K., von Blanckenburg, F. (2023): The circular nutrient economy of terrestrial ecosystems and the consequences for rock weathering. - Frontiers in Environmental Science, 10, 1066959, doi.org/10.3389/fenvs.2022.1066959