Der Heilige See in Potsdam - Archivar der Klimageschichte und Stadtentwicklung

Im Rahmen des Wettbewerbs „Jugend Forscht“ wurden 2022 und 2023 von unserem Team am GFZ, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg SPSG und Schülern des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums in Babelsberg eine Reihe kurzer Sedimentkerne aus dem Heiligen See im UNESCO-Weltkulturerbe Neuer Garten entnommen. Diese Sedimentarchive bestehen zum Teil aus jährlich laminierten Sedimenten, sogenannten Warven, die saisonale Veränderungen der Sedimentablagerung bewahren. Diese Warvenerhaltung erfolgt nur, wenn keine oder nur minimale biologische Aktivität am Seegrund stattfindet. Anhand dieser Sedimente lassen sich detaillierte jährliche Umweltveränderungen im See nachverfolgen, die mit menschlichen Aktivitäten oder Klimaveränderungen in Verbindung gebracht werden können.

Die untersuchten sedimentären Ablagerungen der oberen 130 cm von der tiefsten Stelle des Heiligen Sees geben einen detaillierten Einblick in die Geschichte der letzten 300 Jahre. Wesentliche Veränderungen in der Sedimentzusammensetzung und der geochemischen Signatur, z.B. der stabilen Isotope (N, C, O), zeugen von den Umweltveränderungen durch die Stadtentwicklung und den Umbau des Neuen Gartens.

Die gut erhaltenen warvierten Sedimente und die geochemischen Aufzeichnungen in den jungen Sedimenten des Heiligen Sees sind vielversprechende Hinweise darauf, dass dieser See ein sensibler Aufzeichner vergangener natürlicher und anthropogener Veränderungen ist. Das Vorkommen von Jahreslagen (Warven) bietet die einzigartige Möglichkeit, veränderte Umweltbedingungen durch klimatische Entwicklungen und menschliche Einflüsse in unserer Region über einen historischen Zeitraum zu studieren.

Ein langer Sedimentkern hat das Potenzial, eine längere Geschichte menschlicher Aktivitäten sowie von Umwelt- und Klimaveränderungen rund um den Heiligen See zu entschlüsseln. Dafür möchten wir ein 10 Meter langes, kontinuierliches Sedimentprofil aus dem tiefsten Seebereich gewinnen. Wir werden mindestens zwei parallele Profile erbohren, die vertikal um einen Meter versetzt sind. So werden wir ein kontinuierliches, vollständiges Sedimentprofil erhalten. 

Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand sollte diese Sedimentaufzeichnung mehr als 10.000 Jahre Sedimentationsgeschichte umfassen. Dieses wertvolle Sedimentarchiv wird dann mit den verschiedensten uns zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Methoden analysiert. So möchten wir die holozäne Entwicklungsgeschichte des Sees und der umgebenden Landschaft, möglicherweise schon im Übergang der glazialen zur interglazialen Phase beginnend, rekonstruieren. Obwohl die klimatischen Bedingungen während des größten Teils des Holozäns relativ stabil waren, gab es wärmere und kältere Phasen und kurzzeitige Klimaveränderungen wie z.B. eine Kältephase vor 8200 Jahren, wärmere Phasen wie das „Römischen Klimaoptimum“ (250 v. Chr.–400 AD) und das „Mittelalterlichen Klimaoptimum“ (900–1.200 AD) und die „Kleine Eiszeit“ (1.500–1.800 AD). 

Neben den natürlichen Veränderungen durch klimatische Entwicklungen suchen wir auch nach Hinweisen zur Besiedlungsgeschichte Potsdams, die bis in die Mittelsteinzeit zurückreicht. Menschliche Aktivitäten rund um den See, sollen anhand von durch Menschen verursachte Erosion, veränderte Biomarker und geochemische Indikatoren, aber auch mittels Veränderungen der Vegetation und der Hydrologie des Sees identifiziert werden.

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