Vergangene und zukünftige hochgenaue und konsistente Erdorientierungsparameter für die Geodätische Forschung im Rahmen der Erdsystemwissenschaften | PROGRESS

Die genaue Kenntnis der Orientierung und Rotation der Erde ist von essentieller Bedeutung für eine Vielzahl von wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Anwendungen wie z.B. der Kommunikation im erdnahen und tiefen Weltall, der globalen Positionierung und Navigation und schließlich der Beobachtung der Phänomene des globalen Wandels. Die Erdorientierungsparameter (EOPs) beschreiben die Lage der Erdrotationsachse vom Weltall und von der Erdoberfläche aus gesehen sowie die Rotationsrate der Erde selbst und deren Änderungen. Während die Lage der Erdrotationsachse vom Weltall aus gesehen sehr genau modelliert werden kann sind die Parameter von der Erdoberfläche aus gesehen (Erdrotationsparameter; ERP) nur über Beobachtungen der vier geodätischen Weltraumtechniken bestimmbar. Diese Techniken sind Laserentfernungsmessungen zum Mond und zu Satelliten (LLR, SLR), Dopplermessungen zu Satelliten (DORIS), das Globale Satellitennavigationssystem (GNSS) und Radiointerferometrie auf langen Basislinien (VLBI). Heutzutage sind die Kombinationsansätze zur Berechnung sowie der Vorhersage der ERP nicht konsistent und können aktuelle Genauigkeitsanforderungen nicht mehr bedienen (siehe Abbildung). 

Das Projekt PROGRESS der DGFI-TUM in Kooperation mit TUM Satellitengeodäsie und dem GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung zielt auf die Entwicklung einer optimalen Kombinationsstrategie für sowohl finale als auch in nahezu Echtzeit verfügbare ERPs sowie die Vorhersage von ERPs basierend auf effektiven Drehimpulsdaten (EAMs) ab. Insbesondere wichtig sind dabei ein konsistentes mathematisches Modell aller Unbekannten und homogene Hintergrundmodelle aller Eingangsdaten. Technik-spezifische systematische Fehler der ERP werden durch GNSS-konstellationsabhängige Modelle der LOD Bestimmung vermieden. Die ERP-Vorhersage wird hochgenaue EAM-Daten aus physikalischen Modellsimulationen von Atmosphäre, Ozean und Hydrologie miteinbeziehen, die gegenwärtig am GFZ weiterentwickelt werden. 

Da die unabhängige Prozessierung von EAM-Daten aus den physikalischen Modellen und EOPs aus den geodätischen Weltraumtechniken zu Inkonsistenten führt, werden Kalmanfilter und/oder Machine Learning Methoden zur Kombination verwendet. 

Wissenschaftliche Herausforderungen:

  • Harmonisierung der ERP Parameterisierung in den Normalgleichungen (NEQs)
  • Realisierung eines stabilen Datums der epochenweise kombinierten Parameterlösungen mittels Informationsfilter
  • Konsistente und strenge Kombination von zurückliegenden und zukünftigen (vorhergesagten) ERP
  • Stabilisierung der Kombinationslösung durch EAM Informationen aus physikalischen Modellen mittels Kalmanfilter. Dies ist insbesondere wichtig für verbesserte Startwerte der ERP Vorhersage.

Erste Ergebnisse:

Unter Verwendung eines neuronalen Netzwerks, dass auf die Fehler der EAM Vorhersagen gegenüber den EAM Analysedaten trainiert wurde, konnten 10-Tages EAM Vorsagen entscheidend zur Verbesserung von Erdrotationsvorhersagen beitragen, obwohl die Vorhersagequalität ab einem Vorhersagehorizont von mehr als 5 Tagen sehr gering ist. Zum Beispiel konnte der mittlere absolute Vorhersagefehler in der x-Komponente der Polbewegung für einen Vorhersagehorizont von 10 Tagen um 26.8% reduziert werden im Vergleich zu Erdrotationsvorhersagen die nur 6-Tages EAM Vorhersagen nutzen. 

  • Dill, et al. (2025) Benefits of refined 10-day effective angular momentum forecasts for earth rotation parameter prediction. Journal of Geodesy, DOI: 10.1007/s00190-025-01941-x

  • 2023 - 2026

  • DFG

  • Dr.-Ing. Mathis Bloßfeld; Dr. Robert Dill; Prof. Dr. Urs Hugentobler

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