Automatische, echtzeitnahe Bestimmung von ko-seismischen Bodenbewegungen (Ground Tracking System) | GTS

Die Stärke (Magnitude) und der Ort (Epizentrum + Tiefe) eines starken Erdbebens lassen sich mit der Messtechnik und den Methoden der Seismologie schnell und genau bestimmen. Wie und in welchem Ausmaß dabei die Erdoberfläche im Bereich des Erdbebens verformt (deformiert) wurde, kann mit Hilfe der Seismologie bisher nur abgeschätzt, aber nicht genau bestimmt werden. Für die in der Tsunami-Frühwarnung wichtige, schnelle Beantwortung der Frage, ob ein Erdbeben einen Tsunami ausgelöst hat, ist aber gerade die Kenntnis dieser ko-seismischen Deformationen besonders relevant. Hier helfen die GNSS-Messtechnik (GNSS-Stationen) und ein spezielles Auswertungssystem, mit denen Bodenbewegungen an der Erdoberfläche erkannt und genau bestimmt werden können. Die GNSS-basierte Bestimmung von Bodenbewegungen funktioniert besonders gut in der Nähe von Erdbebenherden, wo die Beträge der Bodenbewegungen hoch sind. Im Gegensatz dazu können seismologische Sensoren in der Nähe von Erdbebenherden übersteuert werden, während Messungen von weiter entfernten Sensoren, aufgrund der Laufzeit der seismischen Signale, erst nach einer gewissen Zeit zur Verfügung stehen können. Im Zusammenspiel mit anderen Techniken (Bestimmung des Tsunami auslösenden Mechanismus und der Bruchfläche) kann durch mit GNSS-Technologie bestimmte Messwerte von Bodenbewegungen die Zuverlässigkeit von Tsunami Frühwarnungen deutlich verbessert werden (Abbildung 1).

Im Rahmen des GITEWS-Projektes wurde am GFZ ein automatisch arbeitendes System zur Bestimmung von Bodenbewegungen bzw. ko-seismischer Deformationen entwickelt. Es stützt sich auf ein GNSS-Prozessierungssystem zur automatischen, nahe Echtzeit-Verarbeitung der an GNSS-Stationen in und um Indonesien kontinuierlich gemessenen Daten. Dieses am indonesischen Warnzentrum als Ground Tracking System eingeführte System kann weniger als 3 Minuten nach einem starken Erdbeben erste Werte (3D Versatzvektoren) für relevante, d.h. insbesondere erdbebennahe Standorte mit GNSS-Instrumenten liefern, die dann alle 2 Minuten aktualisiert werden (Abbildung 2).
Genaue Informationen über mögliche Bodenbewegungen werden auch für die Standorte von Pegelstationen geliefert, sofern diese mit GPS-Geräten ausgerüstet sind. Hat sich der Standort einer Pegelstation z.B. während eines Erdbebens verändert, so müssen die dort gewonnenen Messwerte zu Wasserspiegelhöhen korrigiert oder für Frühwarnzwecke verworfen werden.
Projektpartner:
- BMKG (Amt für Meteorologie, Klimatologie und Geophysik, Jakarta, Indonesien)
Projektdauer:
- 2005 -2011
Finanzierung:
- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Förderkennzeichen 03TSU01
Projektbezogene Publikation:
- Falck, C., Ramatschi, M., Subarya, C., Bartsch, M., Merx, A., Hoeberechts, J., Schmidt, G. (2010): Near real-time GPS applications for tsunami early warning systems. - Natural Hazards and Earth System Sciences (NHESS), 10, 2, 181-189. https://doi.org/10.5194/nhess-10-181-2010