Sektion 4.5 | Untergrund-Prozessmodellierung

Das Erdsystem kennt keine disziplinären Grenzen, und die Verteilung physikalischer Eigenschaften existiert ebenso in einem Kontinuum wie die im Erdsystem ablaufenden Prozesse. Der Zugang zu Informationen in diesem Kontinuum in verschiedenen Tiefen der Lithosphäre ist jedoch begrenzt, denn verschiedene Beobachtungsmethoden liefern Daten auf unterschiedlichen Skalen, die zudem noch ungleichmäßig verteilt sein können. Deshalb brauchen wir Modelle! Obwohl die meisten physikalischen Gesetze skalenunabhängig wirksam sind, ist die Beschreibung der ablaufenden physikalischen Prozesse nur möglich, wenn auch die inhärenten Heterogenitäten im Erdsystem berücksichtigt werden. Diese zu beschreiben wird allerdings durch die Unvollständigkeit der verfügbaren Beobachtungen zur Herausforderung. 

Unsere Vision ist es, die auf verschiedenen Skalen beobachteten Heterogenitäten im Untergrund zu berücksichtigen und so in Simulationen zu integrieren, dass Prozesse über  geologische Zeiträume bis hin zur menschlichen Zeitskala abgebildet werden können. Dazu nutzen wir multidisziplinäre Daten aus geologischen und geophysikalischen Beobachtungsmethoden und entwickeln Prozesssimulationen, die physikalische Gesetze beschreiben. Nur durch diese Verbindung von Beobachtungsdaten mit Prozesssimulationen können wir digitale Zwillinge des Untergrunds entwickeln, die dafür geeignet sind, „Was-wäre-wenn“-Fragen zu testen. 

Zusätzlich nutzen wir Data Science-Methoden, um Modellunsicherheiten zu quantifizieren. Unsere Modelle bilden die Hauptmerkmale der äußeren Teile der festen Erde ab, insbesondere die Konfiguration der Sedimentbedeckung, der kristalline Kruste darunter und des oberem Erdmantels.  Wir entwickeln diese digitalen Zwillinge in verschiedenen Größen und für unterschiedliche Zwecke, um einerseits grundlegende geodynamische Fragen zu beantworten, andererseits aber auch die sichere und nachhaltige Nutzung des Untergrundes zu unterstützen. Dieser Ansatz erlaubt es, Grundlagenforschung zur Geodynamik mit angewandter Forschung zu verknüpfen, wie zum Beispiel der geothermischen Energiegewinnung, der unterirdischen Speicherung von Flüssigkeiten, Wärme und Energie oder der Auswirkungen des Klimawandels auf die Grundwasserdynamik. 

Fragen, denen wir nachgehen, sind zum Beispiel:

  • Wie können Erdbeobachtungen aus verschiedenen geowissenschaftlichen Disziplinen so in 3D Modelle integriert werden, dass Vorhersagen über die ursprünglichen Eingangsdaten hinaus möglich sind?
  • Wie unterscheiden sich datengestützte 3D-Modelle verschiedener tektonischer Umgebungen voneinander und wie lässt sich ihr geophysikalischer Fingerabdruck ableiten? Was ist z.B. typisch für Rifts, passive und aktive Kontinentalränder, Kollisionsorogene, intrakontinentale Becken oder Transform-Plattengrenzen? Wie hängt deren aktuelle Konfiguration mit der geodynamischen Geschichte zusammen und was bedeutet sie für zukünftige Entwicklung? Welche Rolle spielt z.B die vererbte langfristige Festigkeit der Kruste für natürlich auftretende oder durch anthropogene Nutzung induzierten Seismizität?
  • Was steuert die aktive Verformung der Lithosphäre heute und wie kann zwischen internen und externen Einflüssen oder zwischen natürlichen und anthropogenen Prozessen unterschieden werden?
  • Was steuert das thermische Feld der Lithosphäre in welchen Tiefen und was bedeutet das für die geothermische Exploration oder die Dynamik von Gesteinsdeformation?
  • Wie beeinflussen Oberflächenprozesse und ihre sich verändernde Dynamik die Verfügbarkeit von Wasser, Energie oder Ressourcen aus tieferen Untergrundschichten?
  • Wie empfindlich reagieren unsere Modelle und Simulationen auf die verschiedenen Eingabeparameter und wie können wir ihren Aufbau und ihre Qualitätsbewertung beschleunigen und ihre Vorhersagekraft verbessern? 

Forschungsthemen in unserer Sektion

Forschungsgruppen in unserer Sektion

Nachwuchsgruppe

4.5.3 – Physikbasiertes Maschinelles Lernen für Hierarische Monitoring Systeme
Nachwuchsgruppenleiter:in: Dr. Denise Degen
Beteiligte Forscher:innen: Yulia Gruzdeva, Cristian Siegel
Projekt der Nachwuchsgruppe: Expert4KI Programm (BMBF)

 

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