Heidi Kreibich hält prestigeträchtige Leonardo-Vorlesung zu Hochwasser-Risikomanagement

Heidi Kreibich stellte die jüngsten Fortschritte vor und konzentrierte sich dabei auf regionale Hochwassermodelle, 2D-Hochwassersimulationen (RIM2D) und gepaarte Ereignisanalysen.

Heidi Kreibich, Leiterin der Arbeitsgruppe „Hochwasserrisiko und Klimaanpassung“ am GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung, hielt am 19. Juni 2025 die angesehene Leonardo-Vorlesung auf der Konferenz mit dem Themenschwerpunkt „Von der Wissenschaft zur Bevölkerung: Im Hochwasser- und Dürre-Risikomanagement Unerwartetes erwarten“. Die Veranstaltung fand in der historischen Aula „Prodi“ an der Universität Bologna in Italien statt.

Diese Konferenz ist Teil der Leonardo-Konferenzreihe der European Geosciences Union zum hydrologischen Kreislauf der Erde. Die Konferenzreihe behandelt aktuelle Themen im Zusammenhang mit Wasser und dessen Wechselwirkungen mit Umwelt und Gesellschaft. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Wassermanagement, dem Schutz vor Hochwasser und der Umwelt. Jede Konferenz bietet eine Keynote Leonardo-Vorlesung, die von einem/r herausragenden Wissenschaftler:in auf diesem Gebiet gehalten wird. Eine Ehre, die diesmal PD Dr. Heidi Kreibich zuteilwurde.

PD Dr. Heidi Kreibich hob in ihrer Vorlesung mit dem Titel „Hochwasserrisikobewertung und -management in dynamischen Mensch-Wasser-Systemen“ die Bedeutung von Risikomanagement-Strategien, die auf Risikobewertungen beruhen, welche explizit die Dynamik und die komplexen Rückkopplungen innerhalb von Mensch-Wasser-Systemen berücksichtigen hervor, d.h. von Systemen in denen Menschen direkt oder indirekt auf den Wasserkreislauf Einfluss nehmen und mit ihm interagieren. Heidi Kreibich hob jüngste Fortschritte in diesem Bereich hervor und konzentrierte sich dabei auf drei Schlüsselaspekte:

  1. Ein Schwerpunkt war die räumlich konsistente, wahrscheinlichkeitsbasierte (probabilistische) Hochwasserrisikomodellierung zur Entscheidungsunterstützung bei hoher Unsicherheit und hier insbesondere das „Regionale Hochwassermodell | RFM“. Das RFM- Modellierungssystem besteht aus fortschrittlichen Werkzeugen wie Wettergenerator, hydrologischem Modell, hydraulischem Modell und probabilistischen Schadensmodellen. Es deckt ganz Deutschland ab und liefert lange Zeitreihen von räumlich konsistenten Mustern von Niederschlägen, Hochwasserspitzen, Überschwemmungen und Schäden für drei Sektoren: a) private Haushalte, b) Gewerbe/Industrie und c) Landwirtschaft, was ein nachhaltiges Hochwasserrisikomanagement ermöglicht (Sairam et al. 2021). Eine der innovativen Komponenten sind die multivariablen, probabilistischen Schadensmodelle, die Schadensprozesse besser beschreiben als herkömmliche Wasserstands-Schaden-Funktionen und somit die Unsicherheit reduzieren und inhärent quantitative Unsicherheitsinformationen liefern (Lüdtke et al. 2019)

  2. Ein zweiter Schwerpunkt der Vorlesung lag auf "Auswirkungsbasierter Vorhersage von Überschwemmungen", ausgelöst durch Starkregen. Diese Überschwemmungen stellen ein wachsendes Problem dar, das sich voraussichtlich mit dem Klimawandel verschärfen und viele Gemeinden betreffen wird. Um den Gemeinden Möglichkeiten an die Hand zu geben, sich besser für Überschwemmungen wappnen zu können, wurde das RIM2D-Modell entwickelt (Apel et al. 2024). Es stellt 2D-Hochwassersimulationen bereit, und wird mit frei verfügbaren Geodaten geliefert, um die Automatisierung zu unterstützen. Es läuft effizient auf graphischen Prozessoren, was besonders schnelle, und auch größere Gebiete abdeckende Simulation ermöglicht. Das wiederum unterstützt zeitnahe und gezielte Notfallinterventionen, insbesondere in Verbindung mit Simulationen von Todesopfern und Schäden (Silva et al. 2025, Rözer et al. 2021).

  3. Ein dritter Schwerunkt der Vorlesung von Heidi Kreibich war die sogenannte „Paired Event Analysis“ (gepaarte Ereignisanalyse). Diese bewertet, wie sich Gesellschaften an ihr spezielles Hochwasserrisiko anpassen, indem die Analyse zwei aufeinanderfolgende Hochwasserereignisse in derselben Region vergleicht. Dieser Ansatz zeigt, welche Veränderungen das Risiko wie effektiv reduziert haben. Die Analyse hilft also, Veränderungen des Hochwasserrisikos im Laufe der Zeit zu verfolgen und identifiziert nachhaltige Anpassungsstrategien für zukünftige Hochwasserereignisse (Kreibich et al., 2022).

Zusammen genommen bilden diese drei, in der Vorlesung hervorgehobenen Schlüsselaspekte eine wichtige Grundlage für die Reduzierung des Hochwasserrisikos, die Unterstützung von Notfallmaßnahmen und die Vertiefung unseres Verständnisses dafür, wie Überschwemmungen mit unserer Umwelt und der Gesellschaft interagieren. 

 

Referenzen:

Apel, H., Benisch, J., Helm, B., Vorogushyn, S., Merz, B. (2024): Fast urban inundation simulation with RIM2D for flood risk assessment and forecasting. - Frontiers in Water, 6, 1310182. https://doi.org/10.3389/frwa.2024.1310182 

Kreibich, H., Loon, A. F. V., Schröter, K., et al. (2022): The challenge of unprecedented floods and droughts in risk management. - Nature, 608, 80-86. https://doi.org/10.1038/s41586-022-04917-5

Lüdtke, S., Schröter, K., Steinhausen, M., Weise, L., Figueiredo, R., Kreibich, H. (2019): A consistent approach for probabilistic residential flood loss modeling in Europe. - Water Resources Research, 55, 12, 10616-10635. doi.org/10.1029/2019WR026213

Rözer, V., Peche, A., Berkhahn, S., Feng, Y., Fuchs, L., Graf, T., Haberlandt, U., Kreibich, H., Sämann, R., Sester, M., Shehu, B., Wahl, J., Neuweiler, I. (2021): Impact‐based forecasting for pluvial floods. - Earth's Future, 9, 2, 2020EF001851. https://doi.org/10.1029/2020EF001851

Sairam, N., Brill, F., Sieg, T., Farrag, M., Kellermann, P., Nguyen, D., Lüdtke, S., Merz, B., Schröter, K., Vorogushyn, S., Kreibich, H. (2021): Process-based flood risk assessment for Germany. - Earth's Future, 9, 10, e2021EF002259. https://doi.org/10.1029/2021EF002259#

Silva, A. F. R., Eleutério, J. C., Apel, H., Kreibich, H. (2025): Assessing the impact of early warning and evacuation on human losses during the 2021 Ahr Valley flood in Germany using agent-based modelling. - Natural Hazards and Earth System Sciences (NHESS), 25, 4, 1501-1520. https://doi.org/10.5194/nhess-25-1501-2025

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