Wieso werden manche Bohrlöcher verstopft?
25.09.2015: Herkömmliche Methoden erlauben eine Ausbeutung von Erdöllagerstätten mit lediglich 20 bis 40 Prozent Ausbeute, das heisst der Großteil des Erdöls bleibt im Gestein. Pumpt man Meerwasser in die wasserführenden Schichten unterhalb von Erdöllagerstätten im Offshore-Bereich, kann man dadurch den Lagerstättendruck stabilisieren und etwa 30 Prozent mehr Öl fördern und die Betriebsdauer verlängern. Das Problem dabei: durch diese Maßnahme entwickeln sich chemische Prozesse zwischen den Wässern, dem Gestein und dem darin befindlichen Erdöl. Es entstehen dadurch störende Minerale, andere Gesteinskomponenten können sich auflösen; im Extremfall führt das zur Verstopfung der Förderbohrung. Was genau zwischen der Meerwasser-Injektionsbohrung und der Förderbohrung an Chemie passiert, war bisher unbekannt.
Ein Gemeinschaftsprojekt von der TU Clausthal und dem Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ konnte jetzt erstmals die chemischen Prozesse zwischen den Injektions- und Produktionsbohrungen zeitlich aufgelöst und quantifiziert ermitteln. Mit einem neuartigen hydrogeochemischen Ansatz wurden wasserchemische Daten des Miller-Erdölfeldes aus der englischen Nordsee numerisch modelliert. „Dieses Feld ist seit langer Zeit dafür bekannt, auf Meerwasserinjektionen mit extremen Mineralneubildungen zu reagieren, was zu starken Leistungsverlusten in den Produktionsbohrungen führt bis hin zum kompletten Verschluss“, erläutert Hans-Martin Schulz vom GFZ. „Mit unserem Ansatz konnten wir zeigen, wie sich in einem Zeitraum von zehn Jahren Schwerspat in der direkten Umgebung der Injektionsbohrung bildet.“ Die Geoforscher konnten berechnen, wie sich im Laufe der Zeit diese Mineralisierungszone bis zur Produktionsbohrung ausweitet, wann sie diese erreicht, und wie sich die Produktionsbohrung mit der Zeit verschließt.
Die Vorgänge hängen vor allem von der Menge des injizierten Meerwassers ab, aber auch von der Durchmischung des ursprünglich im Gestein befindlichen Formationswassers mit dem Meerwasser. Mit dem nun verfügbaren Ansatz lassen sich technische Maßnahmen entwickeln und gezielt einsetzen, die der jeweiligen Situation im Untergrund angepasst sind. Sie helfen dabei, die teure Lagerstätteninfrastruktur länger funktionsfähig zu erhalten.
van Berk, W., Fu, Y., and Schulz, H.-M. (2015): “Temporal and spatial development of scaling in reservoir aquifers triggered by seawater injection: Three-dimensional reactive mass transport modeling of water–rock–gas interactions”. Journal of Petroleum Science and Engineering 135, 206-217. doi:10.1016/j.petrol.2015.09.014